Eine Insolvenzwelle rollt über Deutschland: im vergangenen Jahr mussten täglich zwei Pflegeeinrichtungen Insolvenz beantragen oder schließen. Jede Insolvenz bedeutet eine tiefe Verunsicherung für Pflegebedürftige, sowohl in ambulanter Betreuung als auch in Pflegeheimen. Experten sind sich daher einig: So kann es nicht weitergehen! Schließlich ist gute Pflege im Alter ein wesentlicher Teil der Grundversorgung und betrifft letztlich jeden einzelnen. In Kooperation mit verschiedenen Trägern und Fachleuten hat daher die Rummelsberger Diakonie einen Vorschlag zur strukturellen Reform der Pflegeversicherung erarbeitet. Vorstand Karl Schulz stellte diese Pläne kürzlich dem heimischen Landtagsabgeordneten Norbert Dünkel (CSU) vor.
Zentrales Element sei dabei eine Umstellung auf Stunden – anstatt Sachleistungsbudgets und damit ein Element, welches sich bereits bei der Eingliederungshilfe bewährt hat, so Schulz. Die aktuell gültige Pflegeversicherung wurde im Jahr 1995 eingeführt und basiere noch auf ganz anderen Rahmenbedingungen. Der ihr zu Grunde liegende Ansatz, die Familie betreut und pflegt und wird temporär bei einigen Tätigkeiten durch ambulante Pflege- und Betreuungsdienste unterstützt, ist oftmals nicht mehr realisierbar. Dies zeige auch die Zunahme stationärer Versorgungen.
Stundenbudget als Lösungsansatz
Die Expertengruppe fordert daher, dass Menschen mit Pflegebedarf und deren Angehörige aus ihrer Lebensrealität heraus direkt ableiten können, welche Unterstützungen in welchem Umfang sie erhalten können. Anstatt eines selbst für Profis kaum zu durchblickenden Leistungskatalogs und eines intransparenten Preissystems sollen die von Pflegebedarf betroffenen Menschen ein Zeitbudget erhalten, das sie zur Beauftragung von professioneller Unterstützung verwenden können. Für einen bestimmten Pflegegrad soll ein Fachleistungsstunden-Budget zugewiesen werden. Die Fachleistungsstunden werden entsprechend des individuellen Bedarfs hinsichtlich notwendiger Betreuungs-/ Pflegehandlungen und dafür erforderlicher Personalqualifikation differenziert.
Flexible Inanspruchnahme
Der Reformvorschlag sieht zudem vor, dass das Fachleistungsstunden-Budget in 10 Minuten-Einheiten oder stundenweise – auch an einem Stück oder über mehrere Tage kumuliert – in Anspruch genommen werden kann. So könne der individuelle Unterstützungsbedarf optimal abgebildet werden. Weiterhin wird in dem Papier gefordert, dass die Bezeichnung Pflegepersonal künftig weiter gefasst und alle Personen umfassen solle, die in der Pflege- und Betreuung tätig und abhängig beschäftigt seien. Damit wären künftig auch Unterstützungs- und Hilfsleistungen refinanzierbar, die nicht klassisch unter die verrichtungsbezogenen Pflegeleistungen der examinierten Pflegepersonen fallen.
Dünkel: „Sehr gute Ideen, die breit diskutiert werden müssen.“